Donnerstag, 30. Januar 2014

Von der Begierde nach Vollkommenheit

3. Darum ist es, nach der Lehre des Apostels, so notwendig , dass man in dem Geschäfte des ewigen Heils nie still stehe, sondern auf dem Tugendwege laufe, bis man dahin gelangt, wo man das Kleinod des ewigen Lebens ergreifen kann: Laufet also, dass ihr es ergreifet (1. Kor. 9,24). Und es ist wohl zu merken, dass, wenn es fehlschlägt, dies durch unsere Schuld geschieht: denn Gott will, dass Alle heilig und vollkommen werden sollen. Dieses ist der Wille Gottes, eure Heiligung (Thess. 4,3).
Ja,er befiehlt uns,heilig und vollkommen zu sein: Darum sollet ihr vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist (Matth. 5,48). Seid heilig, wie auch Ich heilig bin (Lev. 11,44). 
Er verspricht und reicht Allen Hand und Hilfe in allen Dingen, die Er befiehlt, wenn wir Ihn nur darum bitten, wie der heilige Kirchenrat von Trient lehrt (Conc. Trid. Sess. 6.c.13.). 

Gott befiehlt keine unmöglichen Dinge; denn, da Er uns befiehlt, ermahnt Er uns, das zu tun, was wir mit der gewöhnlichen Gnade tun können; und wo eine größere Gnade nötig ist, ermahnt Er uns, zu begehren, was wir nicht tun können; und wenn wir Ihn darum anflehen, so gibt er uns Seine Gnade, damit wir vollziehen können, was Er befiehlt. So seid guten Mutes! 


4. Der heilige Augustin spricht: Das ganze Leben eines frommen Christen sei eine unaufhörliche Begierde nach Vollkommenheit. Der also die Begierde; heilig zu werden, im Herzen nicht nährt, der ist zwar ein Christ, aber kein frommer und guter Christ. 

Kurz, wie kein Mensch auf Erden zu finden ist, der zur Vollkommenheit in einer Wissenschaft oder Kunst gelangt wäre, es sei denn, dass er eine Begierde gehegt hätte, sie zu erlangen: so ist auch nie ein Heiliger gewesen, der die Heiligkeit erreicht hätte, ohne nach ihr ein großes Verlangen getragen zu haben.
Die heilige Theresia pflegte zu sagen; „Für gewöhnlich gibt Gott nur denen besonders große Gnaden, die eine große Begierde nach Seiner Liebe haben." 

Und der gekrönte prophetische Sänger spricht: "Selig der Mensch, der von Dir Hilfe erwartet, der in seinem Herzen Aufsteigungen bereitet hat, da er in dem Jammertale wohnt. — Er wird in Tugend zunehmen" (Psalm 83,6). 

Selig ist der Mensch, der in seinem Gemüte den Entschluss gefasst hat, seine ganze Lebenszeit hindurch von Stufe zu Stufe bis auf den Gipfel der Vollkommenheit zu steigen; ein Solcher wird von Gott reichliche Hilfe erlangen, und von Tugend zu Tugend wandern. 

So haben es die Heiligen gemacht; besonders der heilige Andreas Avellinus: der sich mit einem Gelübde verbunden, auf dem Wege der Vollkommenheit immer mehr vorzuschreiten. Die heilige Theresia sagt: „Gott lasse auch in diesem Leben eine gute gottselige Begierde nicht unbelohnt." Und auf diese Weise sind die Heiligen, durch fromme Begierden in kurzer Zeit zu einer hohen Stufe der Vollkommenheit gelangt. Er wurde bald hingenommen und hat doch viele Zeit erfüllt (Sap. 4,13). 


Der heilige Aloisius Gonzaga hat in wenigen Jahren (er zählte

nicht mehr als und drei zwanzig Lebensjahre) einen solchen Grad der Vollkommenheit erstiegen, dass die heilige Maria Magdalena von Pazzis, als sie ihn im Geiste im Himmel sah, sprach, es dünkte sie auf gewisse Weise, daß kein Heiliger im Himmel sei, der einer größeren Glorie genösse, als Aloisius. Dabei hat diese heilige Jungfrau vernommen, dass Aloisius zu diesem Grade der Herrlichkeit durch eine inbrünstige Begierde gelangt sei, die er stets gehegt hatte, Gott so zu lieben, wie Er geliebt zu werden verdient, und dass der heilige Jüngling, weil er sah, er könne dahin nicht gelangen, (denn Gott verdient, mit unendlicher Liebe geliebt zu werden) auf dieser Erde eine Pein der Liebe ausgestanden, die ihn zu einer so übergroßen Glorie erhoben hat.