Dienstag, 18. Februar 2014

Mittel gegen die Lauheit

9. Dieses gilt indes nur für die Sünden, welche unbedachtsamer Weise begangen werden. Geschieht es aber, dass eine Seele bedachtsamer Weise, jedoch selten eine läßliche Sünde begeht, so darf sie auch deshalb weder kleinmütig noch unruhig werden. 
Sie soll sich vielmehr durch die Reue und durch einen festen Vorsatz, nicht mehr zu fallen, wieder aufrichten, fällt sie dennoch wieder, so muss sie Reue und Vorsatz erneuern, auf Gott ihr Vertrauen setzen, Der sie, wenn sie in dieser guten Übung fortfährt, von solchen freiwilligen Sünden endlich befreien wird. 

Der heilige Philipp Neri sagte: „Heilig werden ist nicht die Arbeit eines einzigen Tages." Wer von dem angetretenen Wege der Vollkommenheit nicht abweicht, der soll nicht verzweifeln, weil er mit der Zeit gewiß ans Ziel gelangen wird.


Gott läßt öfter zu, dass wir derlei Fehler begehen, um uns unsere Schwachheit zu zeigen, damit wir erkennen, in welche Laster wir fallen würden, wenn Er Seine mächtige Hand von uns abzöge. Solche läßlichen Sünden, welche bedachtsamer Weise, aber selten begangen werden, bringen keinen großen Schaden, wenigstens bringen sie nicht den Untergang. 

Jene läßlichen Sünden aber, welche bedachtsamer Weise und aus Gewohnheit begangen werden, können — wie wir oben betrachtet haben — leicht die Ursache unseres Unterganges sein; besonders wenn man sie aus Anhänglichkeit an eine Leidenschaft begeht, keinen Abscheu davor hat und an keine Besserung denkt; weil denn dieses sind traurige Anzeichen,  dass die Seele in den Stand der Lauigkeit verfallen ist, aus dem sie sich, wie wir gesehen haben, schwer herauswinden kann. 

Wenn sich aber eine christliche Seele in diesem elenden Stande befinden sollte, so wollen wir die Mittel ansehen, welche sie ergreifen muß, um heraus zu kommen.

10. Sie muss erstens das Verlangen haben, sich davon zu befreien. Wenn sie dieses Verlangen nicht hätte, so flehe sie wenigstens zu Gott, dass Er es ihr verleihe , mit festem Vertrauen auf Sein Versprechen: Bittet, und ihr werdet empfangen. 


Zweitens muss sie sich bestreben, ihre Sünden, und besonders ihren vorherrschenden Fehler zu erkennen:

Wer um Beispiel von Hochschätzung seiner selbst erfüllt ist, wer gerne gesehen werden will, wer sich oft gebieterischer Worte bedient; sich selbst lobt, wer in Unruhe und Verwirrung gerät, so oft er verdemütigt und seiner Meinung nach nicht hoch genug geachtet wird, der wird erkennen, dass in ihm die Hoffart vorherrsche. 

In anderen herrscht Eigenliebe, wenn sie sich über jede kleine Unpäßlichkeit betrüben, bei jedem Ungemach verdrießlich werden, nur ausgesuchte Speisen verlangen, und nichts essen wollen, als was nach ihrem Geschmacke ist. Wieder in anderen herrscht der Zorn, wenn sie bei jeder Widerwärtigkeit unruhig werden, murren und klagen. Bei anderen ist die Trägheit vorherrschend, wenn sie wegen jeder geringen Ursache, Gebet, Betrachtung, Kommunion und dergleichen unterlassen.